Antwort auf die Pressemitteilung der CDU vom 20.12.2018
Liebe Freunde von der CDU,
die Presseäußerung möchte ich so nicht unkommentiert stehen lassen. Wir Freien Demokraten sind unverändert bereit, Verantwortung für diese Stadt zu übernehmen und werden auch erneut für Koalitionsgespräche bereit stehen, wenn die Mehrheitsverhältnisse eine Beteiligung der FDP unumgänglich machen.
Der Koalitionsvertrag ist seitens der Partner nicht gebrochen worden, auch das will ich betonen. Unser Austritt aus der Koalition beruhte in erster Linie auf einer Indiskretion, da ein bislang internes Papier, welches wir baten vertraulich zu behandeln, öffentlich wurde. Insgesamt war aus unserer Sicht gerade unter den kleineren Partnern in der Koalition die Vertrauensbasis (noch) nicht ausreichend, um dauerhaft ein solches Bündnis tragen zu können. Warum also dann die Koalition lähmen, wenn einer der Partner nicht für eine Mehrheit gebraucht wird?
Dass wir bereits sind, Verantwortung zu übernehmen, haben wir bereits mit einer eigenständigen Kandidatur bei der vergangenen Bürgermeisterwahl gezeigt.
Richtig ist, dass die Ideen und Anregungen der FDP geprüft wurden. Koalition heißt für uns aber mehr: Ideen, auch der kleinen Partner, umsetzen und nicht nur prüfen. Und ehrlich gesagt: Die Reaktivierung eines Brunnens für rund 30 TEUR als „nicht finanzierbar“ zu bezeichnen, halte ich angesichts der Vielzahl ähnlich gelagerter Ausgaben für unsinnig. Koalition bedeutet auch, eigene Vorhaben durchsetzen und nicht nur „abwinken“ Ich erinnere mich sehr genau daran, dass auf Betreiben der FDP eine Drucksache – es handelte sich um eine Veränderungssperre zu einem Bebauungsplan – präziser formuliert wurde. Das war ja fast ein Sakrileg!
Schade ist es, dass die Vertreter der CDU hier nun die Ideen der FDP als „unsinnig“ bezeichnen – auch das ist Nachtreten; ähnlich wie so manche Äußerung auf sozialen Netzwerken, die immer wieder in Richtung „aus der Verantwortung stehlen“ zielen – Verantwortung heißt aber nicht nur abstimmen, sondern gemeinsam eigene Ideen umsetzen und kritisch an Drucksachen herangehen! Dies vermisse ich bei uns.
Zum Thema Besoldung der Kindergärtnerinnen: Neu-Isenburg steht hier im Preiswettbewerb mit anderen Kommunen im Rhein-Main-Gebiet und trägt durch die freiwillige Höherbesoldung der Erzieherinnen – die ich ausdrücklich begrüße, da es Investitionen in die Zukunft sind – zu der bestehenden Preisspirale bei. Nicht mehr und nicht weniger habe ich im Haupt- und Finanzausschuss zu bedenken gegeben, denn es handelt sich – auch wenn es gut investiertes Geld ist – um fixe Kosten, die uns bei einbrechenden Gewerbesteuereinnahmen entsprechend stärker treffen werden. Bei diesen Worten hat mir übrigens auch der Kämmerer zugestimmt. Der Drucksache selbst – Bedarfsentwicklungsplan für die Kindergärten – haben wir in der Stadtverordnetenversammlung übrigens zugestimmt; meine Hinweise zu den Folgen der Besoldungserhöhung, die ich übrigens im Sinne der Kontrollfunktion des Parlaments als absolut gerechtfertigt ansehe, nach außen so darzustellen, als verweigerten wir uns der Höherbesoldung, sehe ich als infam an. Dies entspricht einfach nicht der Wahrheit.
Ein Parlamentarier hat kritisch zu sein, Claqueure gibt es auf der Welt genug!
Liebe Freunde von der CDU, für mich persönlich war der Austritt aus der Koalition kein „Befreiungsschlag“ (ich bin mir auch nicht sicher, dass dieses Wort auf unserer Pressekonferenz gefallen ist), sondern letztlich Ergebnis eines Prozesses, in dem wir noch nicht den Modus Vivendi des Miteinanders gefunden haben. Ein Bündnis, in welchem gerade die kleineren Partner nicht ausreichend harmonieren, ist zum Ausbremsen verdammt: Blockieren aber ist nicht meine Definition von Verantwortung. Verantwortung heißt für mich, gemeinsam und vertrauensvoll die Leitlinien der Kommunalpolitik zu bestimmen.
Liebe Freunde von der CDU, ich bin gespannt, in welcher Konstellation und mit welchen Themen wir in Zukunft die Stadt gestalten. Ich schlage keine Türen zu.
Ich wünsche allen Bürgern ein frohes und friedvolles Weihnachtsfest. Kommen Sie gesund in das Jahr 2019!
Thilo Seipel
Fraktionsvorsitzender der FDP Neu-Isenburg